und so beginnt es also, das verflixte siebte jahr mit der stadt, von der ich mich habe fortreissen lassen, weil sie so war wie meine unbewusste erinnerung an heimat. deutschland war es irgendwie nicht. war es nicht. deutschland hat sich nie nach heimat angefüllt. es hat sich nach etwas sonderbaren angefühlt, fast so als würde eine ganze nation realität spielen. irgend etwas war da nicht ganz gut, es blieb sonderbar.
mein erstes new york baute ich in polen, als ich alle meine legos aufeinandertürmte, eine skyline baute, eine wie sie sein sollte. eine stadt war ein zusammenhängendes urbanes erlebnis für mich. und so akzeptiere ich teile von washington nicht als stadt, oder zumindest viel weniger als teile von katowice, oder paris, oder eben new york.
das erste mal kam ich nach new york 1993. die firma für die ich damals arbeitete hatte eine ganz vornehme adresse auf der 5th avenue. das sollte ja eine recht gute gegend sein, sagte Klaus KM7 Mai, der ja schon mal in New York gearbeitet hatte. ganz vornehme adresse. das war sie dann auch. eine adresse. wir kamen über die george washington bridge nach manhattan, und fuhren die westside highway entlang. es war ein leicht verregneter grauer tag. die gebäude die gen westen, zu new jersey ausgerichtet sind wirkten damals sehr furchteinflüssend. und dann war da diese batman kirche. so weit von allem entfernt, in einem schwarzen meer des verbrechens, auch einem riesigen felsen. allein bei dem gedanken verdunkelt sich der himmel. (jetzt gehe ich gerne hin, zur riverside church. es ist wohl meine lieblingskirche in manhattan.) wir fuhren an der 46ten strasse rein, glaube ich. und alles wirkte einfach wie zu hause. es war so als sei ich nur eben mal weg gewesen und jetzt wieder zurück. ich kannte diesen ort. ich war von hier. es überlagerte sich mein bild von polen mit dem bild von deutschland mit allen orten, die ich bisher gesehen hatte und das ergebnis war vor mir. das war einfach die stadt, die das zu hause war. ich dachte ja noch nicht dass ich hier jemals leben würde, aber der ort war es. zu hause.
ich kam dann immer wieder zurück und immer war alles anders. es waren immer andere launen der stadt, aber immer wieder erkannte ich sie wieder, immer wieder war sie wieder erkennbar, und sprach so viel deutlicher meine sprache als irgendein ort den ich hinter mir gelassen hatte.
das hat sich nicht geändert. ich gehöre wohl einfach hierher. auch wenn vieles sonderbar und nicht einfach ist, dann soll es eben so sein. dann spiegelt es mich auch einwenig wieder.
heute wurde ich in der subway von einem sehr zugeknöpften typen angepöbelt, weil ich mich vor ihn in den zug gedrängt hätte. einen leeren zug wohl gemerkt, und ich hatte mich nicht vorgedrängt. der typ war offensichtlich nicht ganz beisammen, aber auf eine so ordentliche weise, und so ausgesprochen elegant. er war wütend auf mich, und doch wünschten wir uns am ende der fahrt ein frohes neues jahr. es ist ja schliesslich new york. dann half ich irgendwelchen touristen am times square zu ihrem zu kommen. dann fuhr ich zu chris nach astoria. die subway tauchte in queens auf und es war alles neu, ich war wieder tourist, alles sah anders aus. im hintergrund die leicht vernarbende skyline, mit dm woolworth building nun deutlicher denn seit 1969. die türme waren so alt wie ich. grob gesehen. in astoria nahm ich bilder auf von einem kleinbus, der wohl auf die seite gefallen sein musste. er hatte keine fenster mehr, war leicht zerdrückt. offensichtlich ist niemandem was passiert. ein frischer frischebaum hing an der hinteren sitzbank. chris lebt ganz grossartig in einer riesigen wohnung. nur eben nicht in manhattan. wir fuhren in die stadt rein, hatten burger bei fanelli¹s mit jess. sahen die tom friedman show noch einmal. und auch eine ausstellung die wohl von künstlern gemacht wurde, die im residency programm des world trade center gearbeitet haben müssen. so eine art mulpha, nur eben anders. auch gute arbeiten waren durchaus dabei. danach gleich daneben in den neuen rem koolhaas prada laden. ein übermässig gestylter laden auf drei sonderbaren stockwerken, mit sehr lustigen details, wie umkleidekabinen die gerade dazu einladen mehr in ihnen zu tun, als sich umzukleiden. lustige details, sehr einfallsreich, auch wenn sie zusammen genommen nicht unbedingt mehr wert zu sein scheinen als jedes für sich. menschenmengen, die den laden wie disneyland betrachten. wir auch. hemden für $350, kleider ab $4000. zu dumm, und nicht sehr schön.
jess und chris wollen zu 20 restaurants, wir schauen uns noch in soho um, dann gehen die beiden knete kaufen, um kleine skulpturen zu machen. so wie tom friedman eben. ich will noch fotos schiessen, in der nacht, mit der telelinse, aber dann ist es doch zu kalt, ich nehme den erst besten zug nach hause. auf dem anrufbeantworter wartet ein angebot. ein grosser kosmetik konzern sucht eine neue agentur, und jetzt werden wir wohl eine zusammenstellen, ein team und an die sache ordentlich rangehen. ich liebe new york.
als ich am vierten januar 1996 im hotel remington auf der 46. strasse aufwachte, weil ich keine wohnung hatte, so gegen 5 vielleicht, oder pünktlich um 5, da wurde mir erst klar, dass ich zum ersten mal kein tourist war. jetzt sollte alles ernst werden. und es wurde auch wahnsinnig ernst. ich rechtfertigte seitenlang in mein buch, wie ich in dieses hotel gelangt war, und wie es der einzige richtige weg war. ich hatte so viel in deutschland gelassen. so viel liebe. ich stellte mir vor, dass ich nur kurz hier alleine sein würde in new york und dass ich dann die teile meines herzens wieder alle zusammenstückeln könnte, weil die liebe, die ich in deutschland gelassen habe so stark sein würde, dass sie wie ein magnet mir folgen würde. das klappte so wohl nicht ganz. und jetzt wird es wohl auch nicht wirklich klappen. es ist jetzt alles anders. irgendwie. ich kann gar nicht mehr zurück. bin hier auch schon eine gute weile. bin offensichtlich schon ein teil der stadt.
und war es eine richtige entscheidung?, war es denn wirklich das einzige was ich tun konnte, hierher zu kommen?... es gab bestimmt auch andere wege. das glaube ich jetzt schon. der weg den ich jetzt 6 jahre gelaufen bin, war einer der steinigsten und verwundendsten, aber auch steilsten und voller ungeahner aussichten. und irgendwie ist es alles erst der anfang.
komm doch her. wenn du es so weit gelesen hast, dann solltest du auch hierher kommen... und dann fängt eine ganz neue geschichte an. ja?... traue dich. komm.